
Mittwoch
»Wie du kannst nicht mitkommen?« Mit einer Hand halte ich mein Handy und mit der anderen Hand sortiere ich die Kleider in meinem Koffer. »Keine Chance, mich hat’s voll erwischt«, sagt Patrizia hustend. Die Arme. Der Sommer neigt sich langsam dem Ende zu, auch wenn Patrizia noch Ende September gerne offene Schuhe und kurze Kleider anzieht, doch die Temperaturen sinken immer mehr. »Ach Süsse, das tut mir furchtbar leid! Soll ich dir was aus der Apotheke bringen?« »Nein, alles gut. Ich habe noch von meiner letzten Erkältung Medikamente da. Aber ich fühle mich so schlecht deinetwegen. Jetzt musst du allein nach Mallorca reisen, dabei wollten wir doch noch ein paar Tage am Strand zusammen verbringen!« Patrizia hustet erneut in mein Ohr. »Halb so schlimm, wirklich. Ich bin sowieso am Freitag geschäftlich dort und dann fliege ich halt schon am nächsten Tag zurück, anstatt wie geplant erst am nächsten Dienstag. Hauptsache du wirst wieder gesund!« Ich hätte gerne auf diesen Geschäftstermin verzichten können, aber mein Chef hat bestanden, dass ich dieses Mal mitkomme. „Die Kundenbindung pflegen“, hatte er gesagt. Dank meinen spanischen Wurzeln ist das für mich bei diesem Kunden auch nicht schwer. Als ich das Patrizia erzählt habe, schlug sie sofort vor, ein verlängertes Wochenende auf Mallorca zu verbringen, und die spanische Sonne noch ein bisschen geniessen. Patrizia würde alles tun, um einen ewigen Sommer zu haben. Wir haben also unsere Flüge und ein Hotel gebucht und ich habe mir die paar Tage frei genommen. Patrizias Stimme ist heiser. »Ich melde mich, wenn was ist!« Ich lege auf und packe meinen Koffer fertig. Gerade als ich meinen Koffer versorgen will, klingelt mein Telefon. Als ich Elios’ Name auf dem Display sehe, macht mein Herz einen Salto. Ich nehme das Handy zur Hand und lege mich aufs Bett. »Louloudi mou!« Elios lächelt in die Kamera, und ich kann nicht anders, als es zu erwidern. Meine Blume, so nennt er mich seit wir miteinander telefonieren. Also seit etwa 71 Tage. »Na, wie geht es dir?« Elios interessiert sich sehr für mein Wohlbefinden. Ich erzähle ihm, dass ich gerade fertig gepackt habe, für das Meeting mit unserem Kunden auf Mallorca, und dass ich die Reise nun allein antreten werde, da Patrizia krank ist. Ich hatte mich echt sehr darauf gefreut, wieder mit ihr in den Urlaub zu fliegen – aber die Gesundheit geht vor! »Und jetzt gehst du allein nach Mallorca?« Elios schaut mich ernst an. »Jep. Und ich fliege auch zum ersten Mal allein. Ich bin schon ganz schön aufgeregt.« Ich bin wirklich aufgeregt. Klar, ich bin schon oft geflogen und kenne den Ablauf. Auch der Flughafen Zürich ist sehr überschaubar. Aber so ganz allein verreisen, das kostet mich schon etwas Mut. In Mallorca bin ich nicht allein. Bei meiner Ankunft werde ich meinen Chef und unser mallorquinischer Kunde antreffen. Ich habe aber noch zwei Tage Zeit, um mich auf diese Reise vorzubereiten. »Das tut mir leid, Louloudi mou.« Er räuspert sich. »Würde es dich aufmuntern, wenn ich dir sage, dass ich mitkommen könnte?« Elios’ Augen strahlen. »Du machst Witze, oder?«, lache ich und hoffe insgeheim, dass er es trotzdem ernst meint. Ich sehne mich sehr danach, ihn wieder zu sehen, in seine Arme zu liegen und stundenlang über alles reden. Seine Stimme nah an meinem Ohr hören, nicht nur virtuell. »Nein, ich meine es ernst. Ich könnte nach Mallorca kommen. Bei uns ist die Hochsaison so gut wie vorbei. Jetzt sind nur noch die Touristen auf der Insel, die die Sommerferien meiden. Diese paar Anfragen kann mein Bruder auch allein händeln. Wenn ich noch einen passenden Flug finde, kann ich mir das einrichten.« Elios schaut mich ernst an und ich kann gar nicht aufhören zu strahlen. Oh mein Gott – das könnte wirklich klappen! Elios und ich könnten uns auf Mallorca wiedersehen und die Tage dort zusammen verbringen. »Das wäre so unglaublich toll! Ich würde mich wirklich freuen dich wiederzusehen!« »Ja, das wäre wirklich schön. Ich vermisse dich jeden Tag.« »Ich dich auch.«
Elios und ich sprechen noch über die Flugdaten und darüber, was Patrizia und ich alles geplant haben für die knappen fünf Tage auf Mallorca. Irgendwann fallen mir vor Müdigkeit fast die Augen zu und wir verabschieden uns voneinander. Doch als ich im Bett liege und mir vorstelle, wie Elios vor mir steht und ich ihn halten und berühren kann, kann ich vor Aufregung kein Auge zumachen.
Fortsetzung folgt...
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