Wassergeschichten

Das Floss schaukelt mit den Wellen leicht auf und ab. Am Himmel ziehen Wolken wie eine Schafsherde an mir vorbei. Der süsse Duft der Erde umspielt meine Nase. Kinder springen vom Floss ins Wasser, Tropfen berühren meine Haut. Sanft, wie deine Küsse.
Meine Füsse spielen mit dem Wasser. Die Sonne brennt auf meiner Haut.
An der Wasseroberfläche sehe ich mein Spiegelbild tanzen, wie kleine Funken, auf und ab. Ich würde dir gerne zeigen, wie gut ich jetzt schwimmen kann.
Ich richte mich auf und hole Anlauf. Mit einem lauten Platschen lande ich im Wasser. Spüre, wie eine angenehme Kälte mich umhüllt. Ich öffne die Augen und sehe nichts als Tiefblau. Atme aus und sehe wie sich Blasen bilden, die fleissig an die Oberfläche schwimmen.
Alles erinnert mich an dich. Das tiefblaue Wasser, wie deine Augen. Die Wärme und die Kälte, die Hand in Hand gehen. Die Blasen, die eilig davonschwimmen, weil sich an der Oberfläche etwas Besseres befindet. Die Einsamkeit, die sich am Grund befindet.
Du hast mich zurückgelassen, im tiefblauen Wasser. Ich konnte nicht schwimmen, ohne dich. Doch du bist davongeschwommen, immer weiter geschwommen, ohne mich. Und ich blieb alleine zurück, wie ein Anker auf dem Meeresgrund.
Ich hatte immer Angst vor der Dunkelheit, Angst vor dem Schwimmen, im tiefblauen Wasser. Doch was ich damals nicht wusste, ist, dass ich hier die Antworten finde. Sie lagen alle auf dem Grund. Ich musste nur lernen zu schwimmen.
Ich dachte immer, du wärst die Antwort. Dachte, du wärst die Lösung für alles. Doch je tiefer ich geschwommen bin, umso mehr habe ich verstanden. Du warst nicht die Antwort. Du warst die Frage.
Jetzt kann ich endlich schwimmen, im tiefblauen Wasser. Mit geschlossenen Augen schwimme ich immer tiefer. Ich bewege mich in allen Richtungen, wohin ich will. Lasse mich vom Rhythmus treiben und fühle mich frei. Hätte nie gedacht, dass es so leicht wäre.
Ich durchbreche die Oberfläche und hole tief Luft. Kinderlachen umspielen meine Ohren. Ich klettere auf das Floss und lege mich hin. Die Sonne brennt auf meiner Haut. Ich beobachte, wie die Wolken an mir vorbeiziehen, sie erinnern mich an dich.
Ich habe gelernt, ohne dich zu schwimmen. Jetzt kann ich überall hin, sogar zu dir. Doch zu dir werde ich nicht schwimmen. Ich bleibe lieber hier, im tiefblauen Wasser.
Zürich, 26.07.2023
Sehr schön, weiter so, liebe Céline :-)