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Lichterglanz - Kapitel 1



Mitte November


Eiskalt zieht der Wind um die Häuser. Ich ziehe meine Jacke enger und laufe schnell dem Tram entgegen. Wärme streichelt meine von der Kälte geröteten Wangen und ich setze mich auf einen freien Platz. Ich schaue auf die Anzeige: Paradeplatz, 3 Minuten. Normalerweise laufe ich diese Strecke von der Bahnhofstrasse bis zum Paradeplatz. Doch heute ist es mir zu kalt und zu nass. Ich schaue auf mein Handy und lese die Nachrichten:

Patrizia: ich bin schon da, halte deinen Platz schön warm. 😊

Elios: wann können wir reden?

Ich antworte Patrizia, dass ich gleich da bin. Die Nachricht von Elios ignoriere ich und dabei zieht sich meine Brust zusammen. Am Paradeplatz steige ich aus und laufe zum Restaurant gleich um die Ecke. Über meinem Kopf leuchten die Winterlichter, die die Stadt beleuchten. Der Duft von Marroni umspielt meine Nase. Es ist gerade mal 17 Uhr, doch es ist stockdunkel. Der Winter hat nicht lange auf sich warten lassen. Kaum bin ich aus Mallorca zurückgekehrt, sind die Temperaturen gesunken. Die Blätter verfärbten sich in ein oranges Kleid, bis sie sich schliesslich sanft von ihren Ästen lösten. Und nun regnet es und es will einfach nicht damit aufhören. Ich würde mich so sehr über ein bisschen Schnee freuen. Hoffentlich schneit es dieses Jahr an Weihnachten, das wäre wirklich schön. Ich betrete das italienische Restaurant und werden mit einem «Buona Sera» vom Servicemitarbeiter begrüsst. Patrizia sitzt an ihrem Stammplatz und ich laufe geradewegs auf sie zu. »Meine Lieblings-Ayla«, begrüsst sie mich mit einer Umarmung. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Wie viele Aylas kennst du denn?« »Nur eine, und das reicht mir auch«, zwinkert Patrizia mir zu. Wir bestellen unsere Pizzen und ein Glas Wein. Während wir auf unser Essen warten, erzählt mir Patrizia von ihrem neuen Lover, den sie vor einigen Wochen kennengelernt hat. Ich freue mich für sie und höre ihr aufmerksam zu. Vielleicht klappt es dieses Mal für sie in der Liebe. Wenigstens für eine von uns. »Gibt es eigentlich Neuigkeiten von Elios?« Patrizia sieht mich fragend an. Sie weiss genau, wie verletzt ich wegen Elios’ Aktion auf Mallorca bin. Er hat mir einige Male geschrieben und gesagt, dass wenn der richtige Zeitpunkt da ist, er mich anrufen und mir alles erklären wird. Es sind einige Wochen vergangen, seit ich das letzte Mal etwas von Elios gehört habe. Auch auf meine Nachrichten hat er selten reagiert. Seit zwei Wochen schreibt er mir, dass er mit mir telefonieren will und mir alles erklären will. Doch ich weiss nicht, ob ich bereit bin für die Wahrheit. Ein Teil von mir will ihm sofort anrufen, seine Stimme hören, sein Lachen und all das, was ihn ausmacht. Doch ein grosser Teil hat Angst. Angst vor der Wahrheit, Angst vor weiteren Verletzungen und Enttäuschungen. Und deshalb tut mein Herz das, was es am besten kann, wenn es verletzt wurde: sich zurückziehen. »Er möchte mit mir reden. Doch ich weiss nicht, ob ich bereit bin dazu«, gestehe ich. »Ich kann verstehen, dass du Angst hast. Aber vielleicht wird es dir helfen, wenn du erstmal die Wahrheit weisst. Vielleicht wird die Wahrheit ein anderes Licht auf die ganze Situation werfen. Ich finde, das hast du verdient.« Patrizia sieht mich einfühlsam an. Dankbar lächle ich sie an. Vielleicht hat sie Recht. Vielleicht wird die Wahrheit alles verändern. Im Guten oder im Schlechten Sinne. Als der Kellner unser Essen serviert, macht sich ein breites Grinsen auf Patrizias Gesicht breit. Automatisch muss ich lächeln, ihre gute Laune ist einfach ansteckend.


Zuhause angekommen lasse ich mich erschöpft auf die Couch fallen. Ich schalte den Fernseher an und starte meine aktuelle Serie: «the summer I turned pretty». Ich weiss noch nicht ganz, was ich von der Serie halten soll. Ich bin noch nicht so überzeugt, aber trotzdem möchte ich immer wissen, wie es weitergeht. Als sich das Paar in der Serie küsst, fange ich plötzlich an, dieses Gefühl zu vermissen. Dieses Gefühl von Vertrautheit und Geborgenheit. Unwillkürlich muss ich an Elios denken. An unsere Begegnungen, an die Berührungen, seine Lippen auf meinen. Ich frage mich, wie es ihm geht und was er gerade macht. So oft habe ich mir vorgestellt, dass zwischen uns alles gut wäre. Das wir uns weiterhin hören und uns treffen würden. Wir haben nie darüber gesprochen, was das mit uns genau ist. Doch für mich fühlte es sich von Anfang an richtig an. Ich wollte von Anfang nichts anderes, als Elios an meiner Seite haben. Doch wie ist es für ihn? Unsicher, ob ich das Richtige tue, öffne ich WhatsApp auf meinem Handy und tippe eine Nachricht an Elios:

Hättest du jetzt Zeit?


 

Fortsetzung folgt…

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written by Celine 

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